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100 Jahre Mietrecht - MieterHilfe fordert Reform

Anpassung des Mieter*innen-Schutzes an Lebens- und Marktrealitäten dringend notwendig

  • Bevölkerung kämpft mit Teuerungen und benötigt nachhaltige Sicherheit, sowie ein Ende der Mietexplosion

Am 7. Dezember 1922 wurde im österreichischen Nationalrat das „Bundesgesetz über die Miete von Wohnungen und Geschäftsräumen“ beschlossen. Es war damit das erste demokratisch beschlossene Gesetz zur Eindämmung der Mietpreise und zum Schutz der Mieter*innen. Seit dieser Zeit haben Mieter*innen in Österreich im Vergleich mit anderen Ländern rechtlich eine starke Stellung. Im Zuge dieses wichtigen Jubiläums fordert die MieterHilfe der Stadt Wien die dringliche Neuausrichtung des Mietrechtsgesetzes (MRG) um es damit ins 21. Jahrhundert zu holen. Die Forderungen liegen auf der Hand: Ein Mietrecht für Alle, Deckelung der Mietpreisentwicklung, Einschränkung von Befristungen und Abschaffung der intransparenten Lagezuschläge. Denn speziell in der aktuell besonders belastenden Situation ist es wichtig, sowohl Mieter*innen als auch Vermieter*innen Sicherheit zu geben und Planbarkeit zu ermöglichen.

Historisch wertvoll, inhaltlich antik

1994, noch vor Österreichs Beitritt zur EU, als das D-Netz als Standard des Mobilfunks galt und in Flugzeugen noch geraucht wurde, kam es in Österreich zur letzten nennenswerten Novelle des MRG. Was damals wichtig und gut war, muss aufgrund der ökonomischen Veränderungen der letzten Jahre endlich maßgeblich reformiert werden. Die Finanzkrise von 2008 hat zu einem regelrechten Boom der Immobilienbranche geführt. Um Geld sicher und nach wie vor gewinnbringend anzulegen, bot sich der Immobilienmarkt an. Damit ging eine massive Verteuerung von privat vermieteten Wohnraum einher. Wohnraum im Altbau wird größtenteils nur mehr befristet neuvermietet. Die Teuerungswelle der letzten Monate, gepaart mit einer veritablen Energiekrise befeuern diese Entwicklung derzeit zusätzlich. Gerade erst wurde die bereits dritte Kategoriemietzins-Erhöhung des heurigen Jahres wirksam, parallel dazu galoppieren die Lagezuschläge davon. 

Überhört die Bundesregierung die Alarmglocken?

Der Anteil der Wohnkosten am verfügbaren Haushaltseinkommen wird damit für Viele immer mehr zur Existenzfrage. Um nicht den Anschluss an die Lebensrealität der Bürger*innen zu verpassen ist Initiative seitens der Bundesregierung gefragt. 

„Wohnen ist nicht nur ein Grundbedürfnis, sondern auch ein Grundrecht und muss leistbar bleiben. Das gilt als ein entscheidender Faktor für sozialen Frieden, Zusammenhalt und Lebensqualität, die unser Land ausmachen. Unser Mietrecht bildet seit 100 Jahren das Fundament dafür und wir sind aus historischen Gründen zu Recht stolz darauf. Doch verändern sich mit der Zeit, die Anforderungen. Es ist höchst an der Zeit, dass die Bundesregierung die dringend notwendige Anpassung des Mietrechtsgesetzes an die Lebensrealitäten der Menschen in diesem Land vornimmt, um die soziale Sicherheit weiterhin zu gewährleisten. Die Zeit des Abwartens ist vorbei!“, fordert Wiens Vizebürgermeisterin und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál. 

Der private Wohnungsmarkt unterliegt heute nur mehr zu einem immer geringer werdenden Teil den Bestimmungen des MRG und damit den Schutzbestimmungen für Mieter*innen. Häufig ist weder für Mieter*innen noch für Vermieter*innen nachvollziehbar, wo und vor allem warum, welche Bestimmungen zur Anwendungen kommen. Besonders die Rechtsunsicherheit, ob der vereinbarte Mietzins den gesetzlichen Bestimmungen unterliegt, ist eine höchst belastende Situation sowohl für Mieter*innen als auch für Vermieter*innen. 

„Das Jubiläum des Mietgesetzes zeigt Österreichs lange Tradition im Mieter*innen-Schutz. Damit diese jedoch nicht zur Folklore verkommt, fordern wir von der Regierung, für sämtliche Mietverhältnisse ein einheitliches und transparentes Mietrecht mit klaren Mietzinsobergrenzen zu schaffen, das den Herausforderungen der heutigen Zeit entspricht. Unsere Forderungen sind bekannt, sollte unsere Expertise gefragt sein, unterstützen wir als MieterHilfe der Stadt Wien natürlich sehr gerne“, meint MieterHilfe-Leiter Christian Bartok.

Forderungen an den Bundesgesetzgeber zur Reform des Mietrechts:

Anstelle des bestehenden Fleckerlteppichs – mit seiner aus der Zeit gefallenen Unterscheidung zwischen vor, bzw. nach 1945 errichteten Wohnungen – sollte ein einheitliches und verständliches System treten, das auch Investitionsanreize beinhaltet. Insgesamt soll es für einen fairen Interessensausgleich zwischen Mieter*innen und Vermieter*innen sorgen und beiden Seiten Sicherheit geben. Die wichtigsten Eckpunkte:

  • Einführung eines einheitlichen Generalmietrechts für alle Wohnbereiche – unabhängig vom Jahr der Errichtung
  • ein faires System der Mietpreisgestaltung mit klaren Obergrenzen und ohne Unsicherheiten: Vermieter*innen und Mieter*innen müssen auf Knopfdruck und rechtssicher feststellen können, wieviel Miete zulässig ist 
  • Einführung von spürbaren Geldstrafen bei Verletzung dieser Obergrenzen: Wenn Vermieter*innen vorsätzlich zu hohe Mieten und/oder Betriebskostenabrechnungen verlangen, soll die Geldstrafe bis zu 300 Prozent der zu viel verlangten Miete/Betriebskosten betragen
  • Einschränkung der Befristungsmöglichkeiten für Vermieter*innen
  • Deckelung der Valorisierungen
     
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