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Gleiches Recht in der Waschküche: wohnpartner beim RRRiot Festival

„Zuhause ist für die Frau nur Schichtwechsel“ – beschrieb die Sozialdemokratin Käthe Leichter Anfang der 1930er Jahre die Mehrfachbelastung von berufstätigen Frauen. 

Mit diesem Zitat heißt Historikerin Julia Schranz (Museum Waschsalon Karl-Marx-Hof), die TeilnehmerInnen bei der Führung „Geschlechterpolitik in der Waschküche“ im Gemeindebau Friedrich-Engels-Platz 1-10 an diesem windigen Winterabend willkommen. Der Gemeindebau in Brigittenau wurde 1933 fertiggestellt und ist der zweitgrößte in der Geschichte der ersten Republik. Der imposante Bau umfasste nicht nur 1.467 Wohnungen, sondern auch Kindergarten, Postamt, Apotheke, Badeanlagen, Wäscherei, Gaststätte und kleine Geschäfte.

Die Führung ist Teil des feministischen  RRRiot Festival“, das von 1.3 bis 8.3 zum zweiten Mal in ganz Wien über die Bühne ging. Eine Woche lang beschäftigte sich das Programmfestival mit zahlreichen Kulturveranstaltungen rund um Frauenrechte, Gleichberechtigung und Gemeinschaft. Im Fokus des diesjährigen „  RRRiot Festival“ stand der 20. Wiener Gemeindebezirk Brigittenau. Zur Verstärkung war das wohnpartner-Team vor Ort als Programmpartner mit dabei: Julia Schranz und MitarbeiterInnen des wohnpartner-Teams 1_2_8_9_20 führten interessierte BesucherInnen am 2.3. und 4.3. durch die Wohnhasuanlage und die Waschküche des Gemeindebaus am Friedrich-Engels-Platz 1-10. Die jeweils rund 30-köpfige Runde machte sich gemeinsam auf die Spuren des „Roten Wiens“, der Wohnbaupolitik, der Geschlechterrollen und des Lebens im Gemeindebau damals und heute.

Die Geschlechterpolitik des Roten Wien kann man bis heute anhand des Wiener Wohnbaus, der Architektur und den Fürsorgeprogrammen der Stadt deutlich erkennen, erzählt Julia Schranz während des Spaziergangs durch den Innenhof. Parallel zur Errichtung der Gemeindebauten entstand eine komplexe Infrastruktur mit Waschküchen, Brausebädern und Kinderbetreuungseinrichtungen.

Die Themen Erwerbstätigkeit, Kernfamilie, Haushalt, Kinderbetreuung und die Rolle der Frau in der Gesellschaft rückten damals in den Fokus der Politik. Große Waschküchen mit Waschmaschinen, Trocknern und Bügelmaschinen sollten berufstätigen Frauen die Hausarbeit erleichtern. Die grundsätzliche Arbeitsteilung jedoch und die zugrundeliegenden Geschlechterstereotype wurden damals (noch) nicht in Frage gestellt, erläutert Julia Schranz während im Hintergrund die Wäschetrommeln rattern und BewohnerInnen ihrer Hausarbeit nachgehen.

Themen, die die BesucherInnen nicht kalt lassen: Fragen, Meinungen, eigene Erfahrungen und Kindheitserinnerungen – all das findet in der Waschküche Platz und macht den Abend zu einer abwechslungsreichen Zeitreise. Am Ende der gelungenen Führung steht jedoch auch die Erkenntnis, dass Frauenpolitik knapp 100 Jahre später noch immer mit den gleichen Themen − Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Hausarbeit, Kinderbetreuung oder Pflege von älteren oder kranken Menschen und Mehrfachbelastung − ringt. In diesem Sinne: Bis zum nächsten "  RRRiot Festival" 2020.

Fotos: (c)Eva Mühlbacher

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